#Siegertyp by Tobias Reichmann – Das Interview

Engagement am 31.05.2017

Er ist der aktuell erfolgreichste deutsche Handballspieler. Tobias Reichmann hat bereits alles gewonnen, was man mit einem Club gewinnen kann. Der ehemalige deutsche Meister und Pokalsieger hat auch als #badboy Sportgeschichte geschrieben. Mit der deutschen Nationalmannschaft ist der gebürtige Berliner Europameister 2016 geworden und im vergangenen Sommer gewann er zudem in Rio die olympische Bronze-Medaille. Nach einem dreijährigen Engagement beim polnischen Dauer-Meister und Champions League-Sieger 2016 KS Kielce, geht der 29-Jährige ab dem Sommer für die MT Melsungen auf Torejagd.  
Für diwa hat sich der zweifache Familienvater in einem für ihn bisher unbekannten Metier ausprobiert. Denn Tobi, wie ihn seine Freunde und Fans gleichermaßen nennen, liebt Herausforderungen. Er hat zum 35-jährigen Jubiläum des Unternehmens den Schlüsselanhänger #siegertyp designt. Jedes der limitierten Stücke wurde an einem Ort der Vielfalt, den Mürwiker Werkstätten hergestellt. Konfektioniert wurden die Schlüsselanhänger von den Mitarbeitern der FSD Lwerk Berlin Brandenburg gGmbH, die in Folge von seelischen, geistigen oder körperlichen Behinderungen derzeit eine berufliche Rehabilitation durchführen. 
Für diwa nahm sich der Handballstar die Zeit für ein ausführliches Gespräch. In einem Interview gibt er persönliche Einblicke: Neben Titeln, Träume und Trophäen beschäftigen den jungen Athleten auch ernsthafte und sozialpolitische Themen, wie die Inklusion von Menschen mit Handicap. „Wir dürfen niemanden ausgrenzen“, sagt er. Er ist ein richtig cooler Typ – ein Siegertyp eben … 
Was macht für Dich einen Siegertypen aus?
Tobias Reichmann: Ein Siegertyp ist jemand, der bereit ist, über Grenzen zu gehen. Wobei diese Grenzen durchaus individuell sind. Du setzt dir Ziele und arbeitest auf sie hin, in dem Bewusstsein, dass etwas Großes zu erreichen nicht von heute auf morgen gelingt. Dennoch gibst du nicht auf. Es hat sicherlich auch mit einer guten Portion Ehrgeiz zu tun. Im Großen und Ganzen ist jeder ein Siegertyp, der sich Tag für Tag aufrafft, um seinen inneren Schweinehund zu überwinden.
… und wofür steht das Wort Erfolg?
Tobias: Die Leistung von Profisportlern wird meistens in Toren und Trophäen bewertet. Doch das ist nur die eine Seite der sprichwörtlichen Medaille und das, was Journalisten und Zuschauer während eines Wettbewerbs oder eines einzigen Spiels in einer Halle sehen. Doch es gehört viel mehr dazu. Wir gehen an unsere Grenzen, nutzen unseren Körper und muten ihm im Laufe der Jahre ganz schön viel zu. Nicht jeder von uns bleibt von Verletzungen verschont. Nach einem Knochenbruch oder Kreuzbandriss ist man Persönlich ziemlich weit von einer Medaille entfernt (lacht). Wenn du allerdings deine Rehabilitation abgeschlossen hast und endlich wieder spielen kannst, das ist pures Glück und ein großer persönlicher Erfolg. Meine kurze Definition würde lauten: Erfolg ist, wenn Du deine selbstgesteckten Ziele erreichst.
Junge Spieler wünschen sich Trophäen – erfolgreiche, erfahrene Spieler wünschen sich Gesundheit. Wieso?
Tobias: In jungen Jahren haben alle Handballer mit Ambitionen große Ziele, doch noch nicht das Bewusstsein für die Tatsache, was für ein Kapital ihr Körper ist. Ich denke, dass geht nicht nur uns Leistungssportlern so. Diese Demut empfindet man erst später, wenn man einige Blessuren erleidet und etliche Comebacks sieht oder selbst hinter sich bringt. Als erfahrener Spieler wünschst du dir Gesundheit und arbeitest unermüdlich auf die Trophäen hin.  
Du hast von der Deutschen Meisterschaft über die Champions League bis zur Europameisterschaft alles gewonnen. Hast Du eine Lieblings-Medaille? 
Tobias: Das habe ich nicht. Jede Trophäe hat eine eigene Geschichte, mit jeder Medaille verbinde ich etwas Persönliches.  
Dein Schlüsselanhänger #siegertyp wurde ausschließlich von Menschen mit Behinderung hergestellt und konfektioniert. Kennst Du viele Menschen mit Handicap? 
Tobias: Als ich beim THW Kiel unter Vertrag stand und nach einer Verletzung zur Rehabilitation musste, waren in der selben Praxis mehrere Jugendliche in Behandlung, die wegen eines selbstverschuldeten Unfalls plötzlich eine Querschnittslähmung zu bewältigen hatten. Viele von ihnen hatten sich mit einem unglaublichen Willen in die Normalität zurückgekämpft. In meiner aktuellen Mannschaft spielt im Rückraum der polnische Nationalspieler Karol Bielecki. Seine starken Würfe und schnellen Tore sind bekannt und gefürchtet, er stand oft im All Star Team internationaler Wettbewerbe. Nach einem unglücklichen Zusammenprall auf dem Feld konnte sein linkes Augenlicht nicht mehr gerettet werden. Alle dachten, er muss nach dem Unfall seine Karriere beenden. Doch Karol kämpfte sich mit einem unerschütterlichen Willen auf die Weltspitze zurück! Er ist ein Siegertyp, der meinen größten Respekt hat – man kann von ihm unglaublich viel lernen.
Bei der letzten Weltmeisterschaft in Frankreich waren die Maskottchen Rok & Koolette Botschafter für eine Stiftung für Menschen mit Behinderung. Wie findest Du das?
Tobias: Ich finde das super. Man kann auf das Thema Inklusion nicht oft genug aufmerksam machen. Eine Unachtsamkeit, ein Unfall oder ein blöder Zufall reichen – jeden von uns kann es treffen. Wir dürfen niemanden ausgrenzen! Gerade beim Sport sieht man, wie bereichernd eine gelebte Vielfallt sein kann. Menschen unterschiedlicher Herkunft mit verschiedenen Talenten und Mentalitäten arbeiten daran, einen gemeinsamen Weg zu finden. Wie erfolgreich das sein kann, habe ich auch mit KS Kielce erlebt. In drei Jahren haben wir nicht nur mehrfach die Meisterschaft und den Pokal gewonnen, sondern auch die Champions League. Mehr geht im Handball nicht. 

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